Gedenkstein erinnert an die ehemalige Schülerin Liesel Anspacher

Wenn morgen Nachmittag die 35 Schülerinnen und Schüler des letzten Hauptschuljahrgangs der Liesel-Anspacher-Schule in Achim verabschiedet worden sind, verschwindet damit langsam auch der geschichtsträchtige Name von der Liste der Schulen in Achim. Ab dem Sommer geht die Hauptschule wie die benachbarte Realschule an der Waldenburger Straße in die Integrierte Gesamtschule (IGS Achim) über.

Die sichtbare Erinnerung an die frühere Achimer Schülerin Liesel Anspacher, die 1938 von den Nazis von der Schule verwiesen, 1941 nach Minsk deportiert und dort wahrscheinlich ermordet worden ist, soll damit aber nicht verloren gehen. Ein Findling, versehen mit Namenstafel und Bild, soll künftig an das Schicksal der Achimer Schülerin erinnern. Beim öffentlichen Festakt betonte gestern Nachmittag der Erste Stadtrat Daniel Moos: „Gegen das Vergessen – das ist die Kernbotschaft dieses Gedenkortes.“

IGS-Schulleiterin Kerstin Albes-Bielenberg ergänzte, auch ihr sei es wichtig, dass Liesel Anspacher in Erinnerung bleibt: „Und am Gedenkstein werden künftig täglich Hunderte Schüler, das Kollegium und Gäste vorbeigehen.“

Schulternvertreterin Svenja Kerkhoff bedankte sich bei der Geschichtswerkstatt dafür, dass sie „den Stein ins Rollen gebracht hat“. Die Mitglieder hätten sich sehr frühzeitig mit dem Thema beschäftigt, damit das Andenken besonders im schulischen Bereich aufrechterhalten bleiben kann.

Auf Initiative von Kerkhoffs langjähriger Vorgängerin Dorothee Danèl, die nun Mitglied des Schulausschusses des Rates der Stadt Achim ist, habe es Anfang des Jahres Gespräche unter anderem mit Vertretern der Geschichtswerkstatt gegeben. Es sei allen wichtig gewesen, das Projekt umzusetzen, bevor die Hauptschule endet.

Ergreifende Worte fanden die beiden Schülerinnen Melissa Rauch und Lina Strüver, die aus dem Leben des Mädchens erzählten, das die Volksschule am Markt in Achim besuchte und in einem ähnlichen Alter wie die beiden war, als ihr wie anderen jüdischen Kindern der Besuch der Schule verboten wurde. Die beiden Schülerinnen zählten weitere Orte in Achim auf, die eng mit dem Namen Liesel Anspacher verbunden sind: „Am Schmiedeberg spielte sie als Kind. Heute führt dort entlang der Schulweg vieler Achimer Kinder. Und vom Bahnhof aus wurde sie mit ihrer Familie deportiert.“ Die beiden Mädchen appellierten daran, dass die Menschen aus der Geschichte lernen sollten, damit sich die Fehler von damals nicht wiederholen. Für den musikalischen Rahmen sorgte Gunnar Greszik, Fachbereitsleiter Musik an der IGS.

Im Vorfeld hatte es kontroverse Diskussionen wegen der Wahl des Gedenksteines gegeben. Der Findling entwickelte sich zeitweise zum Stein des Anstoßes – vor allem für die Geschichtswerkstatt, die zunächst andere Lösungen bevorzugt hatte. Der Verein wollte, dass die IGS den Namen Liesel-Anspacher-Schule übernimmt oder ein Denkmal in Form einer künstlerisch gestalteten Stele geschaffen wird. Doch letztere Pläne scheiterten schließlich an den erwarteten Kosten in Höhe von mehreren tausend Euro. Bei der öffentlichen Einweihung zeigte sich nun auch Helmut Köhler, Vorsitzender der Geschichtswerkstatt, aber „sehr zufrieden“ mit dem Ergebnis.

Erst seit dem 29. Mai 2015 trug die Lernstätte an der Waldenburger Straße 12 den Namen Liesel-Anspacher-Schule. Die Hauptschule selbst blickt auf eine längere Geschichte zurück – daran erinnern ehemalige Lehrkräfte und die langjährige Sekretärin der Hauptschule, die das Buch „Hauptschule Achim 1977 – 2022“ verfasst haben. Auf 100 Seiten im DIN-A4-Format in Schwarz-Weiß sind ehemalige Lehrer, Schüler und andere Interessierte dazu eingeladen, zurückzublicken.

Quelle: Kreiszeitung vom 23.06.2022, https://www.kreiszeitung.de/lokales/verden/achim-ort44553/gedenkstein-erinnert-an-die-ehemalige-schuelerin-liesel-anspacher-nach-hauptschul-aus-91625644.html